OOH-Magazin Ausgabe 4 - 2017

Programmatic Advertising und Artificial Intelligence waren auch 2017 die Dauerbrenner auf nationalen und internationalen Fachtagungs- bühnen. Unbestritten ist der Nutzen Data-gesteuerter Mediaplanun- gen und individualisierter Kampagnenaussteuerung. Das „Digital Me“ ist erkannt und wird zunehmend respektiert. Die OOH-Medien brin- gen sich schon längst erfolgreich in Position, um den Customer auf seiner Journey dort zu treffen, wo er sich mobil aufhält. Die Branche schmückt sich mit Erfolgsmeldungen über technische Machbarkeit. Möglich scheint alles. Zu sehen ist jedoch wenig. Es stellt sich nach erster Digital-Euphorie eine gewisse Ratlosigkeit bei den Aussenwerbern ein. Viele der bereits vorhandenen Möglich- keiten bleiben ungenutzt oder werden standardisiert eingesetzt. Noch immer sind die digitalen OOH-Kategorien der Kreativwettbewerbe weitestgehend unbespielt. Innovation und Überraschendes abseits der klassischen Mediaplanung und Kreation sind hierzulande eine Seltenheit. Technik allein bringt wohl noch keine Lösung für Kun- denprobleme. Interaktive Experiences müssen geschaffen werden, und spätestens an diesem Punkt wird der Ruf nach intelligentem Storytelling und kreativem Erfindertum laut. Gelingen kann dies nur im Schulterschluss mit den Kreativ- und Digitalagenturen. Programmatic Creation könnte 2018 ganz oben auf den Podien diskutiert werden und der Out of Home-Branche völlig neue Impulse geben. OOH!: Herr Schill, Sie sind selbst mehrfach ausgezeichneter Kreati- ver, haben die Kreativ- und Innovationsleitung der größten deutschen unabhängigen Agenturgruppe und waren Vorsitzender und Teilneh- mer unterschiedlichster Jurys internationaler und nationaler Kreativ- und Innovationswettbewerbe. Können kreative Kampagnen und/ oder intelligente Medialösungen Sie überhaupt noch überraschen? ALEXANDER SCHILL: Auf jeden Fall! Wenn ich diese Begeiste- rungsfähigkeit nicht mehr hätte, müsste ich mir einen neuen Job suchen. Sonst hält man denWahnsinn ja nicht aus. Das Schönschreck- liche ist immer, wenn andere auf die Idee gekommen sind, die man selbst gerne gehabt hätte. Und das passiert leider Gottes immer noch sehr häufig. Und tatsächlich läuft einem dieser Effekt bei OOH am häufigsten über den Weg. Während man bei einigen Digital-Cases oft suchen muss, bis man sie findet, liegt es bei Outdoor in der Natur des Mediums, dass man sie idealerweise sieht. OOH!: Ist der Überraschungseffekt in anderen Ländern größer als in Deutschland? SCHILL: Ich will kein Deutschlandbashing betreiben, aber wenn man in den USA unterwegs ist, begegnen einem doch deutlich mehr über- raschende Sachen auf der Straße als hier. Ich glaube nach wie vor, dass es uns hier ein bisschen an Mut fehlt, Dinge einfach mal zu machen, gerade wenn es um experimentelle Umsetzungen geht. Da sind wir doch noch sehr vorsichtig. Dazu kommt, dass in den USA die Flächen grundsätzlich einfach größer sind. Die Twitter-Kampagne habe ich tatsächlich nicht in den Medien, sondern als Billboard auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt zum ersten Mal gesehen. Wer dachte, dass schon alles Einfache gemacht wurde, der wird bei dieser preisgekrönten Kampagne eines Besseren belehrt. OOH!: In diesem Jahr sind Sie Präsident der Eurobest-Jury und in dieser Funktion auch für die Kategorie Outdoor verantwortlich. Welche Kriterien zur Bewertung von innovativen OOH-Lösungen liegen Ihnen am Herzen? Eine Woche vor der US-Wahl platzierte Twitter die inhouse produzierte Hashtag-Kampagne landesweit auf repräsentativen Billboards und zeigte Haltung im Wahlkampf. Der Outdoor Grand Prix 2017 überzeugte die Juroren der Cannes Lions ebenso wie die Kunden. 24 OOH!–Trends & Innovationen Deutschland

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