OOH-Magazin Ausgabe 1 - 2021

OOH!: Frau Spinnen, wer sind die „Stadtoptimisten“? BERNADETTE SPINNEN: Die „Stadtoptimisten“ sind all diejenigen, die auch in Krisenzeiten wie der jetzigen an die Stärke der Stadt glau- ben. Die Bundesvereinigung der City- und Stadtmarketingorganisa- tionen tut das und richtet ihre Angebote nach dieser Maxime „Stadt ist Leben“ aus, dem Claim der BCSD. Es ist allerdings ein Appell, denn von alleine wird sich die Stärke der Innenstädte nicht wieder her- stellen. OOH!: Frau Horny, Sie haben viele Jahre lang das Stadtmarketing von Salzburg geleitet, einem Hotspot des internationalen Tourismus. Kann man in einer solchen Stadt mit mehr Gelassenheit „Stadtopti- mist“ sein? INGA HORNY: Die Frage, die sich bei Städten immer stellt, ist: Was macht sie lebenswert? Der Dachverband Stadtmarketing Austria beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit diesemThema. Viele Faktoren sind dafür entscheidend, zum Beispiel Verfügbarkeit von Wohn- und Grünraum, kurze Wege, starke unternehmergeführte Betriebe, aber auch ein verträgliches Maß an Qualitätstourismus. Nicht zu vergessen ist das kulturelle Erbe, das eine Stadt bietet. Dieses ist für die Ein- wohner identitätsstiftend. In Klagenfurt bieten die wunderbare Renaissance-Altstadt, die Nähe von See, Bergen und Natur eine tolle Kulisse, die ich nun mit dem Klagenfurt Marketing bespielen möchte. Ich bin gelassen. OOH!: Welchen Einfluss hat der Tourismus auf den Strukturwandel der Städte? HORNY: Gäste bereichern eine Stadt ungemein. Sie haben imUrlaub Zeit sich den eigenen Wünschen zu widmen, suchen individuelle Angebote und nutzen Beratungen und Serviceleistungen. Als eigene Zielgruppe bringen sie neue Sichtweisen, neue Anforderungen und andere Bedürfnisse mit, die die Stadt und den Handel vor Ort beein- flussen und strukturell verändern können. Mit dem Tourismus wird der Kaufkraftschwund abgefedert, denn auch die Einheimischen pro- fitieren von dem angepassten, erweiterten Angebot in der Stadt und kaufen weniger online ein. OOH!: Sind Sie von der Unverwüstlichkeit des Modells Stadt über- zeugt? SPINNEN: Der Mensch kann alles, was er aufgebaut hat, auch wieder zerstören. Aber das Modell der europäischen Stadt erscheint mir immer noch robust. Es stellt seit Jahrhunderten unter Beweis, dass es kulturelle und ökonomische Wandlungen organisieren und umsetzen kann. Und es gründet auf einem tiefen menschlichen Bedürfnis: dem Bedürfnis nach Kommunikation. HORNY: Ich kann mir nicht vor- stellen, dass das Prinzip Stadt „kaputt“ geht. Seit der antiken Agora gibt es Städte und seit damals haben sich (von wenigen Ausnah- men in der Geschichte abgesehen) stets Formen der Demokratie durchgesetzt. Das ist uns bis heute erhal- ten geblieben: Menschen leben zusammen, gestalten Lebensräume und bilden Strukturen. Auch Märkte hat es immer gegeben – sie sind ein Ort des (Aus-)Tauschs und der Gemeinschaft. ImGegensatz dazu gibt es den Handel, wie wir ihn heute kennen, erst seit etwa 150 Jahren. Dieses Gefüge steht nun auf der Probe. Inga Horny ist seit rund 20 Jahren Präsidentin von Stadtmarke- ting Austria (STAMA) und maßgeblich am Aufbau des Vereins als Kompetenzzentrum für vernetztes Denken im Bereich der Orts- und Stadtentwicklung beteiligt. 1996 hat sie sich nach Abschluss ihres Studiums der Germanistik und Kunstgeschichte zunächst der Stadt Bruck an der Mur (Steiermark) angenommen, als Citymanagerin der Stadt und Geschäftsführerin des dortigen Tourismusverbands. Im Jahr 2000 wechselte sie nach Salzburg und übernahm die Geschäftsführung der Altstadt Marketing Salzburg GmbH, drei Jahre später dann auch die Geschäfts­ führung des Tourismusverbands Salzburger Altstadt. Seit Januar 2020 ist Inga Horny Geschäftsführerin für die Klagenfurt Marke- ting GmbH. Foto: Büro StR Geiger Wir merken in Zeiten der Pandemie, dass die Kunst vernichtet wird. 16 OOH!–Fokus

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