OOH-Magazin Ausgabe 2 - 2022

In drei Aktionen haben Studierende der Universität Greifswald seit 2020 Kunstprojekte auf Litfaßsäulen und Großflächen realisiert, um Stereotype der werblichenWahrnehmung zu durchbrechen und kulturelle Teilhabe im öffentlichen Raum zu realisieren. Es geht um Intervention. Im Rahmen des Seminars „Public Art. Vol III“ bespielen Studierende der Universität Greifswald im Juli vergangenen Jahres Plakatflächen, Litfaßsäulen und digitale Screens mit ihren Werken. Die „Ausstellung“ wird mit einer Fahrradrundtour und der feierlichen Taufe einer neuen Litfaßsäule auf dem UniGelände eröffnet, die fortan als Schaufläche für die künstlerischen Arbeiten am Caspar-David-Friedrich-Institut dient. Um die Litfaßsäule und deren Bedeutung für die Kommunikation im öffentlichen Raum kreist das gesamte Kunstprojekt, das unter der Leistung von Professor Dr. Rozbeh Asmani steht. Er erklärt: „Als Ernst Litfaß 1855 die ersten Anschlagsäulen aufstellen ließ, um das wilde Plakatieren im urbanen Raum zu verhindern, war die Popularität des Massenmediums noch nicht abzusehen. Heute stehen in Deutschland über 50.000 Litfaßsäulen, die als Werbemedium noch immer die Blicke auf sich ziehen und das Stadtbild entscheidend mitbestimmen. Wir haben uns gefragt: Was passiert, wenn die üblichen Motive der Werbung und der Politik durch Kunst ersetzt werden?“ Rozbeh Asmani ist seit 2020 am Caspar-David-Friedrich-Institut der Universität Greifswald dozierender Professor für Neue Medien und angewandte Grafik im Bezugsfeld Bildender Kunst. Im Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit steht die Auseinandersetzung mit der „Ästhetik des Kapitalismus“, insbesondere mit der werblichen Nutzung von Farben als Sprache der Konsumwelt. So thematisiert sein Litfaßsäulen-Projekt „Colourmarks (V)“ aus dem Jahr 2019 Farben und Farbkombinationen, die sich einzelne Firmen zu eigen gemacht haben. Asmani zeigt diese Farben und Konstellationen, ohne die dazugehörigen Namen, Logos und Produkte zu nennen – so gibt er sie zur allgemeinen Betrachtung frei. Das Kunstprojekt bietet Abwechslung von der digitalen Welt „Public Art – die Litfaßsäule als Massenmedium“ lautet der Titel des ersten Seminars, in dem Asmani im August 2020 gemeinsam mit Studierenden die Wirkung von Kunst auf Werbeflächen im öffentlichen Raum untersucht. Unterstützt von den Medienpartnern Ströer und Plakatunion sowie der Großformatdruckerei Nordplakat, gestalten sie 49 Großflächen und Litfaßsäulen in Greifswald. Die Idee: Individuelle Konzepte treten an die Stelle der Werbeflächen, zeitgenössische Kunst wird zu einem Teil der Stadtkultur. Mit völlig unterschiedlichen Themen und Techniken nehmen die jungen Künstler den Dialog mit der Öffentlichkeit auf. Auch die im Jahr 2020 grassierende Pandemie und deren Folgen gehören zu den Inhalten, mit denen sich die Plakate beschäftigen. „Wie verändert sich die Stadt, wer agiert in der Öffentlichkeit und wie kann kulturelle Teilhabe im digitalen Zeitalter angesichts der CoronaPandemie aussehen?“ Mit diesen Fragen setzen sich die Studierenden im Januar 2021 erneut auseinander, „Public Art – Litfaßsäule als Massenmedium (Vol. II)“ steht auf dem Programm. In Zusammenarbeit mit der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) startet die zweite temporäre künstlerische Intervention auf 250 Litfaßsäulen in Düsseldorf; Kooperationspartner auf Medienseite sind die Ilg-Außenwerbung und erneut Nordplakat. Deutlicher noch als imVorjahr macht die Kunst im öffentlichen Raum deren wichtige Aufgabe für die Gesellschaft deutlich. Denn im zweiZeitgenössische Kunst wird Teil der Stadtkultur Ziel des Greifswalder Kunstprojekts ist es, die automatisierte Wahrnehmung durch Kreativität zu durchbrechen. 32 OOH!–Kreation & Kreativität Deutschland

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