OOH-Magazin Ausgabe 1 - 2016

OOH!–Aspekte Warum ich das Plakat liebe Plakat und Reduktion. Größe und Witz. Das ist in keinem anderen Medium so entschei- dend. Und deshalb ist Out of Home für mich auch das anspruchsvollste Werbemedium. Es hat keine Redaktion. Es gibt nicht vor, Botschaften zu transportieren. Es ist Advertis- ing pur. Und das ist auch das Geheimnis seiner Stärke. Es ist reine Provokation. Ausrufer und Kundmacher. Es ist wandelbar. Und passt sich an. Das City Light als Medium des urbanen Flaneurs, als Tagebuch der Straße, wie es eine Ausstellung einmal treffend charakterisiert hat. Ich mache mir um die Zukunft dieses Mediums keine Sorgen. Es bleibt unique. Solange es öffentlichen Diskurs gibt, wird es auch Plakate geben. Nur Diktaturen sind bilderlos. Wenn Plakat verboten ist, ist auch freie Meinung ver- boten. Plakat ist für mich Sensorium für die Diskursreife eines Volkes, einer Community. Und Ausweis der kulturellen Vielfalt. Wo es keine Plakate – kein Out of Home – gibt, herrscht Schweigen. Wo Widerstand sich rührt, herrschen Plakate: ob als Murales oder Graffiti wie beim arabischen Frühling oder in Mexiko. Ich liebe das Medium, weil es Widerstand ist und von der Freiheit träumt. Ich gestehe, ich sage immer noch Plakat. Und nicht Out of Home. Plakat hat etwas Selbstde- monstratives: plakativ. Das wirkt. Das merkt man sich. Als Gründer von „Horizont“ und anderer Wer- befachzeitschriften habe ich den Auf- und Abstieg, die vielen Renaissancen des ältesten Werbemediums, das wir kennen, teilnahmevoll verfolgt. War betroffen von Kampagnen, die zum Talk of the Town wurden, war zornig über nichts- sagende Politikplakate und Dreieckständer, habe die Debatten mitbefeuert, als gestritten wurde, ob man Straßenbahnen mit Werbung versehen dürfe oder nicht – und staune heute über die Total Brandings am ULF und in den U-Bahn-Stationen. Österreich ist ein Plakatland und Wien nannte sich einmal Welthauptstadt des Plakates. Sie ist es immer noch. Die Wiener lieben es, ebenso wie sie das Burgtheater lieben und die Philhar- moniker und die Sängerknaben. Nirgendwo ist Kultur derart präsent im öffent­ lichen Raum wie in Wien. Oder in Salzburg, in Graz. In wenigen anderen Städten hat es derart massive öffentliche Auseinandersetzu- ngen über Tabubruch durch das Plakat gege- ben: Palmers und Toscani. Eine EU-Kampagne mit Slip und die zynischen „Daham“-Plakate. Und in kaum einer anderen Metropole nutzen die Konkurrenzmedien das Plakat so stark wie in Wien. Vom ORF als Dauergast bis zu den großen Boulevardzeitungen. Sie wissen, wie sie ihre Marken im öffentlichen Raum stärken. Hans-Jörgen Manstein Aufsichtsratsvorsitzender des Manstein Verlags und Begründer der Österreichischen Medientage 17

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