OOH-Magazin Ausgabe 1 - 2021

Die deutschen Innenstädte als Musterbeispiele der international vielbeachteten mitteleuropäi- schen Innenstadt sind in einem stetigenWand- lungsprozess und haben sich immer den aktu- ellen Trends und Erfordernissen angepasst. Die Umformungen waren teilweise sehr einschnei- dend, wenn man allein an das Leitmotiv der autogerechten Stadt denkt. Die Innenstädte waren aber zu jeder Zeit Zentren der städti- schen Kommunikation, des Austausches von Informationen und Waren sowie Identifikati- onskerne der Bürger. Innenstädte als „Konzen- tration hochrangig zentraler Funktionen“ wur- den bisher nie in Frage gestellt. Im Zuge der derzeitigen Pandemie ist die Innenstadt aber bewusst nicht mehr der Ort des Austausches und der Kommunikation. Die Innenstädte sind derzeit weitestgehend funktional entleert. Zudem zeigt die Digitalisierung, dass diese „Konzentration der hochrangig zentralen Funktionen“ als Wesensmerkmal der mittel- europäischen Stadt keine unumstößliche Gesetzmäßigkeit ist. Der Lockdown hat sich zu einem echten Katalysator des Online-Han- dels entwickelt und das Homeoffice zeigt, dass auch die Nutzung von Bürogebäuden für die Zukunft zu hinterfragen ist. Dies sind aber in der Hauptsache die Funktionen, die tagtäglich viele Menschen in die Innenstadt locken und somit für die hohen Frequenzen sorgen, von denen weitere Funktionen bzw. Nutzungen profitieren. Dies ist ein wesentlicher Garant dafür, dass die sogenannte „Aktivitätenkopp- lung“ als wichtiger Standortvorteil für die innerstädtischen Funktionen/Unternehmen/ Institutionen funktioniert. Die Metamorphose als Chance begreifen Für die Zukunft muss also die Frage gestellt werden, welchen Vorteil – welchen Sinn – eine Innenstadt für die Bürger und die wirtschaft- lichen und kulturellen Akteure stiftet. Zudem muss gefragt werden, welchen Stellenwert Gesellschaft und Politik den Innenstädten als zentrale Versorgungsstandorte der Bevölke- rung in Zukunft zuschreiben. Nach Auffassung des Handelsverband Deutsch­ land (HDE) sind und bleiben die Innenstädte der Standort Nummer 1 in Bezug auf die Ver- sorgung der Bevölkerung, aber auch für Kultur, Freizeit, Bildung und Wohnen. Die dauerhaft nachlassende Sogwirkung des Handels für viele Innenstädte, zum Beispiel durch ein verändertes Verbraucherverhalten, wird die Rahmenbedingungen nachhaltig ver- ändern. Dies sollte jedoch für alle Akteure als Chance begriffen werden, die Metamorphose der Innenstadt für eine verbesserte Multifunk- tionalität zu nutzen. In den verschiedenen Städtehierarchien unterscheiden sich die Innenstädte nicht nur in ihrer räumlichen Bedeutung, sondern auch in der Ausstattung mit gewerblichen sowie öffentlichen Einrich- tungen, Freizeitangeboten oder auch in ihrer Lage. Daher sind die Ausgangsvoraussetzun- gen der Städte sehr heterogen. Es sollte jedoch verstärkt das Ziel sein, die Innenstädte als Wohlfühlorte zu entwickeln, die die Bürger gern zur eigenen Freizeitgestaltung oder zur Kommunikation nutzen. Der Handel wird dabei insbesondere in den Kernbereichen der Oberzentren und in vielen Mittelstädten weiterhin eine führende Rolle einnehmen. Dies ist allein aufgrund der tag- täglichen Sogwirkung des Handels, die von keiner anderen Funktion übernommen werden kann, den Städten nur zu wünschen. Daneben wird der Büromarktsektor allein durch die technischen Möglichkeiten des Homeoffice an Kraft verlieren. Bisher ist die Funktion „Arbeit“ der zweite große Frequenz- bringer der Innenstädte. Diese nachlassende Sogwirkung bietet jedoch die Chance, die Innenstädte zum Beispiel in Punkto Mobilität gestalterisch durch Umwid- mungen aufzuwerten. Hierbei muss immer die bedarfsgerechte Erreichbarkeit durch alle Ver- kehrsträger gesichert sein. Dieser Stadtumbau hat in enger Kooperation mit den Innenstadt- akteuren zu erfolgen – und zwar Schritt für Michael Reink, Bereichsleiter für Standort- und Verkehrspolitik beim Handelsverband Deutschland – HDE – e.V. Innenstädte werden Wohlfühlorte 24 OOH-Aspekte

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