OOH-Magazin Ausgabe 2 - 2021

Was wären die Kreativen ohne die Media? Kreative – das sind die mit den tollen Ideen, die mit den göttlichen Eingebungen und den genialischen Gehirnwindungen. Aber kommen die Ideen wirklich aus demUrgrund der krea- tiven Seele – oder vielleicht ganz woanders her? Ich werde es Ihnen gleich verraten. Seit den Zeiten der Mad Men haben Genera- tionen von Kreativen versucht, einander mit immer neuen, noch kreativeren Ideen zu über- trumpfen. Dabei sind Abermillionen von Ideen entstanden. Und irgendwann wurde den Kre- ativen klar, dass alle guten Ideen schon mal da waren. Von da an verlegte man sich aufs Vari- ieren, Modifizieren oder Recyceln – alter Wein in neuen Schläuchen. Im Ergebnis wurden kreative Experimente seltener und der Main- streammächtiger. Eine ganz ähnliche Entwick- lung wie in der Mode oder Popmusik, verbun- den mit ähnlichen Ermüdungserscheinungen. Wenn ein System aus sich heraus keine echte Entwicklung mehr macht, hilft nur ein Impuls von außen. Ironischerweise gelang die Wieder- belebung durch den vermeintlichen Gegenpart der Kreation: die Technik. Sprich die Explosion der medialen Kanäle und der damit verbunde- nen Erzählmöglicheiten. Jede neue mediale Entwicklung ermuntert Kreative, neu zu den- ken. Und die Medialeute sind Vordenker und Vermittler dieser Möglichkeiten. Mediastrategen von heute sind moderne Dumbledores Der erste Mediaplaner, den ich vor 30 Jahren kennenlernte, war Herr L., ein grauer Mann mit Aktentasche, der unentwegt „Krone“ rauchte. Er entschuldigte sich meist schon im Vorhinein für die Langweiligkeit seiner Prä- sentation, und in der Tat sahen seine Media- pläne immer gleich aus. Wenn er mal wieder „ein paar Sonderplazierungen rausgeholt“ hatte, war das schon das Highlight. Mediastra- tegen von heute sind dagegen moderne Dum- bledores, stets in der Lage, einen Feuervogel aus dem spitzen Hut zu zaubern. Entsprechend anregend sind die Begegnungen mit ihnen geworden. Eine ganze Palette neuer Denkwei- sen haben sie uns Kreativen nahegelegt oder angeregt: Das Denken in Programmatik. Weg von der monolithischen Kampagne, hin zu einem Arsenal von aufgefächerten Botschaften, die nach Tageszeit, Geotargeting, Wetter, Ver- kehrsdaten und Zielgrupppenclustern passge- nau abgefeuert werden. Das Denken in Journeys, online und in der echten Welt. Kreation wird zum regelrechten Begleiter durch Flughäfen, Shopping Malls und Innenstädte. Wir können Menschen vor DOOH-Flächen tracken, auf dem Smartphone begleiten und am PoS zur Kaufentscheidung bringen. Das erzeugt ganz neue, aneinander anschließende Kreations-Elemente. Eine Palette neuer Denkweisen für die Kreativen Das Denken in neuen Dramaturgien. Youtube hat die noch dem klassischen Film entlehnte Dramaturgie des Tv-Spots auf den Kopf gestellt, seitdem müssen Filme in den ersten Sekunden brillieren und nicht erst in der Schlußpointe. Für die Ultrakurzformate auf DOOH gelten wieder neue Gesetze, die gute Kreative zu nutzen wissen. Das Denken mit neuen Sinnen. Lange dachten wir, dass das Visuelle die Kommunikation dominieren wird, weil die Menschen immer lesefauler wurden. Doch plötzlich feierte der totgeglaubte Text dank Twitter & Co fröhliche Auferstehung. Und aktuell wird durch Voice- Anwendungen oder Clubhouse gesprochene Sprache wieder aufregend. Alles mediagetrie- bene Entwicklungen, die die Kreation beleben. Was wünschen sich Kreative von Medialeuten? Na, genau das: uns die allerneuesten Möglich- keiten aufzuzeigen und näherzubringen. Krea- tive lieben Impulse, denn die sind Ideenfutter. Und wer könnte Impulse besser liefern als unsere guten alten partners in crime, die Mediaplaner? Von Aktentaschen zu Vordenkern – welch ein Aufstieg! Freunde, wenn ihr jetzt noch das Rauchen aufgebt, werdet ihr mir vollends unheimlich. Hartwig Keuntje, CCO von fischerAppelt 21 OOH!–Aspekte

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