OOH-Magazin Ausgabe 4 - 2021

Es ist immer ein Spaß, beim Aufräumen von Kinderzimmern in alten „Was ist Was?“- Büchern zu blättern. Auf der letzten Seite findet sich meist ein Ausblick auf die Welt in 50 Jahren. Dort besiedeln Menschen den Mond, fliegen in Lufttaxis umher, sind wohlgenährt und kleine Roboter erledigen unsere Alltagsaufgaben. Als die Gebrüder Wright aus einem Fahrrad das erste Flugzeug bauten, hätten sie sich nie träumen lassen, dass keine 70 Jahre später das erste Überschall-Verkehrsflugzeug, die Concorde, abheben würde. Wir sind nicht besonders gut darin, uns Zukunft vorzustellen. Unsere Denkweise ist zu linear. Die Entwicklung, die vor uns liegt, stellen wir uns als die vor, die hinter uns liegt – mit ein klein wenig Variation nach oben oder unten. Digitalisierung aber führt dazu, dass sich viele Dinge ganz anders entwickeln. Quantencomputer etwa sind nicht nur ein bisschen leistungsfähiger als heutige Supercomputer, sondern operieren in einer ganz anderen Leistungsdimension. Das wiederum erlaubt ganz andere Lösungen, ganz andere Geschwindigkeiten. Wir müssen uns deshalb permanent darin trainieren, uns das Morgen besser vorstellen zu können, zu verstehen, welche Faktoren wirken und zu erkennen, wann Tipping Points erreicht sind, ab denen sich die Zukunft anders darstellt. Durch die Corona-Pandemie wurde eine Wild Card ausgespielt Der Kontext, der für uns als Branche geschäftlich relevant ist, ist klein. Wir operieren im Markt ,Medien, Unterhaltung und Werbetechnologie‘. Und wir haben Mega-Transformationen vor uns, die unvermeidbar sind: Die Nachhaltigkeits-Transformation und die digitale Transformation. Hinzu kommt, dass die Corona-Pandemie alles, was wir bislang zu glauben gewagt haben, mindestens in Frage gestellt hat. Digitalisierung erfährt einen Schub, Vertrauen eine andere Bedeutung, Nähe einen ganz anderen Stellenwert. Begriffe wie Resilienz oder auch Ethik waren lange Zeit bedeutungslos und stehen plötzlich im Kern vieler Gedanken und Handlungen. Diese superdynamische Welt zwingt uns dazu, unsere geliebte Kulturtechnik des Bewahrens aufzugeben. Der Kölner sagt „Et hätt noch immer jot jejange.“ Das gilt nun nicht mehr und vor allem dann nicht, wenn wir nicht besser verstehen, wohin sich die Realität entwickelt. In den Fachtermini der Trendanalyse und -interpretation wurden eine Pandemie und ihre Folgen bisher als Wild Card bezeichnet. Eine Wild Card ist ein Ereignis, das mit nur sehr geringer Wahrscheinlichkeit eintritt, jedoch im Falle des Eintretens massive Auswirkungen auf viele Bereiche sowie einen kaum einschätzbar hohen Impact auf Trends und deren Entwicklung hat. Man nennt solche Ereignisse auch einen schwarzen Schwan. Durch die Corona-Pandemie wurde nun eine Wild Card ausgespielt und ist entgegen aller Wahrscheinlichkeiten Wirklichkeit geworden. Die daraus entstandenen weltweiten Auswirkungen haben zur Folge, dass Trends und Innovationen an vollkommen neuen Kreuzungen stehen. Die Corona-Pandemie hat unser derzeitiges Zeitempfinden auf zwei Phasen reduziert: Vor Corona und nach Corona. Zu der einen Phase sehnen wir uns zurück, zu der anderen wünschen wir uns hin. Allerdings befinden wir uns momentan auf einer Brücke, die diese beiden Phasen verbindet – es ist die Zeitspanne, in der wir mittendrin, zwischen dem Vorher und Nachher, stecken. Unter uns laufen indes die Trends über die Kreuzungen des Geschehens – und werden von unterschiedlichen Faktoren in die eine oder andere Richtung gezogen. Dies ist die Zeit für Marketing-, Forschungs- und Tech-Helden Die Brücke, auf der wir derzeit stehen, hat den enormen Vorteil, dass wir mit einem mutigen Sprung auf einen dieser Trends, begünstigt durch den von der Pandemie verursachten Innovationsschub, unglaublich viel erreichen können. Dies ist die Zeit für alle Marketing-, Forschungs-, und Tech-Helden, für diejenigen, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind und die Weitsicht und den Mut haben, EntSie werden sich wundern! Autor Christian von den Brincken ist Geschäftsführer bei Ströer Core 20 OOH!–Aspekte

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