OOH-Magazin Ausgabe 2 - 2022

Die Beziehung zwischen Kunst und Kommerz Lässt die Ausstellung auch eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Stigmatisierung von Werbung erkennen? GROHNERT: Die Beziehung zwischen Kunst und Kommerz ist mal enger und mal weiter. Werbung um die Jahrhundertwende oder kurz davor galt als unseriös, Theater oder andere ernst zu nehmende Kultureinrichtungen haben deshalb auf das Plakat verzichtet. Kunststudenten haben zwar Plakate entworfen um Geld zu verdienen, haben sie aber nicht signiert, um ihre spätere Karriere nicht zu gefährden. Die Amerikaner haben andererseits schon seit 1848 Plakate für ihre Präsidentschaftswahlkämpfe eingesetzt und früh die Macht dieser Art von Propaganda erkannt. Spätestens nach 1900 war Plakatgestaltung keine Aufgabe mehr, die man despektierlich fand. Unter den Künstlern gab es Superstars wie Bernhard und Hohlwein, derenWerke als Statussymbole für die Reichen und Modernen galten. In den 60er, 70er Jahren wiederum hat man Plakate zu sich nach Hause geholt, um Einstellung und Geschmack zu dokumentieren, für Mode, Politik oder Musik. Es gab so eine Art identitätsstiftende Visualität, das war dann durchaus ehrenwert und konnte sogar Kultcharakter kriegen. Diese neuere Zeit, bis in die 80er Jahre, hat große Gestalter wie Hans Hillmann, Gunter Rambow und Holger Mathies hervorgebracht, die Plakate bewusst als Mittel ihres künstlerischen Ausdrucks genutzt haben. Und heute? GROHNERT: Heute ist es nicht mehr so. Die Künstler, die visuelle Dinge schaffen, sind nicht mehr die Superstars, sondern die Dienstleister. Die künstlerische Gestaltung ist nicht mehr das Hauptziel, sondern die Wirkmächtigkeit. „We want you!“, das muss funktionieren. Gibt es unter den Künstlern Vorlieben für ein bestimmtes OOHMedium? GROHNERT: Im kulturellen Bereich ist die Kreativität ja noch zu Hause. Hier ist das Plakat – neben Social Media – aus finanziellen Gründen oft das einzige Werbemittel und wird schon deshalb mit besonderer Aufmerksamkeit gestaltet. Man findet es in der Regel an der Kultur-Säule. Natürlich wird sich niemand weigern, auch andere OOH-Medien zu nehmen, wenn er sie bezahlen kann. Das wird ein Kulturbetrieb aber nur dann machen können, wenn er einen Sponsor hat. Zeitgenossen: Installationen unterstützen die Einordnung der stilistischen Entwicklung. 18 OOH!–Fokus

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