OOH-Magazin Ausgabe 1 - 2023

Ihr Ausgangspunkt ist die digitale Stadt von morgen, in der künftig weite Teile der Gesamtbevölkerung leben werden. Welche Herausforderungen stellen sich infolge der Digitalisierung? DR. JOACHIM SCHULZE: Beim LOEWE Zentrum „emergenCITY“ der Universitäten Darmstadt, Marburg und Kassel geht es um die grundsätzliche Frage, wie sich Städte gegenüber Krisensituationen aufstellen können. Es ist ein sehr breites Spektrum an Fachdisziplinen der TU Darmstadt involviert, da ein solches Querschnittsthema immer ganzheitlich und interdisziplinär betrachtet werden muss. Unser besonderes Augenmerk liegt auf der digitalen Infrastruktur. Denn die Digitalisierung schafft auf der einen Seite Resilienzen, auf der anderen Seite aber auch Vulnerabilitäten. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns. Unser Ziel ist die Resilienz der digitalen Stadt. Wie sieht dieses Spannungsfeld aus? SCHULZE: Die Digitalisierung ermöglicht zum Beispiel den hocheffizienten Betrieb von Infrastrukturen für städtische Verdichtungsräume – Strom, Wasser, Abwasser, Verkehr und so weiter. Eine solche Infrastruktur ist an sich eine Resilienz bildende Maßnahme, aber sie bietet natürlich auch Angriffsflächen. Das digitale System kann zusammenbrechen, etwa durch eine Cyberattacke – das ist ja schon passiert. Die Störung muss aber nicht zwangsläufig von außen kommen, sondern kann auch durch einen internen Systemabsturz ausgelöst werden. Mit dieser Form der Vulnerabilität beschäftigen wir uns. Von dieser Vulnerabilität haben wir in den vergangenen Monaten eine Ahnung bekommen, als es um die Frage der Energiesicherung in Europa ging. Ist Strom der ultimative Faktor in einer solchen Krisensituation? SCHULZE: Genau. Ich betrachte Resilienz immer in Hinblick auf „resilience of whom to what“, spezifiziert auf den Krisenfall und wen oder was dieser betrifft. Es gibt verschiedene Krisenszenarien, die Städte betreffen können, auch ein Blackout. Hier erwarten wir dann so genannte kaskadierende Ausfälle, das heißt, der Ausfall einer In- frastruktur führt zum Ausfall weiterer Infrastrukturen. Strom steht ganz oben in der Versorgungskette, weil eigentlich alle Infrastrukturen davon abhängig sind – natürlich auch die digitale Infrastruktur. Von daher kann man schon sagen, dass die Stromversorgung gerade in modernen Städten ganz entscheidend ist. emergenCITY – Forschung für den Krisenfall Das LOEWE* Zentrum emergenCITY ist ein vom Land Hessen seit 2020 gefördertes Forschungscluster an der TU Darmstadt, der Phillips Universität Marburg und der Universität Kassel. Die vier Programmbereiche Stadt und Gesellschaft (SG), Kommunikation (KOM), Information (INF) und Cyberphysische Systeme (CPS) vereinenWissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachdisziplinen, um gemeinsam der Frage nachzugehen, wie die Transformation zur resilienten, digitalen Stadt der Zukunft gelingen kann. In das Zentrum sind das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowie die Stadt Darmstadt als assoziierte Partner eingebunden. Projektkoordinator: Prof. Matthias Hollick Geschäftsführerin: Dr. Anne Hofmeister Beteiligte am Projekt „Litfaßsäule 4.0“: Dr. Joachim Schulze und Prof. Annette Rudolph-Cleff * LOEWE steht für „Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-­ ökonomischer Exzellenz“. Unser Ziel ist die Resilienz der digitalen Stadt. Dr. Joachim Schulze, Architekt und Städtebauer, gehört zum „emergenCITY“-Forschungsteam der TU Darmstadt. 16 OOH!–Fokus

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