OOH-Magazin Ausgabe 2 - 2016

Überzeugen mit Ideen und höchstem stilistischen Anspruch Auf die Frage, was man damals anders gemacht habe, beschreibt Rottke: „Wir haben uns für meist kleines Budget mit Freude ans Werk gemacht. Wir wollten überzeugen, mit Ideen, aber auch mit höchstem stilistischen Anspruch.“ Ob Schokolade, Zahnpasta oder Drama, Rottke und Scheer legten für Marken und Theater die gleichen Maß- stäbe an. Und heute? 30 Jahre später sind Provokation und innovative Kreation für Kulturveranstaltungen gang und gäbe! Rottke bemängelt dennoch: „Es gibt leider zu viele scheußliche Plakate. Mir fehlt heutzutage der revolutionäre Anspruch.“ Er ist überzeugt, dass gerade das, was einen zum Denken anregt, immer ins Schwarze trifft. Und welche Branche braucht aktuell einen Facelift à la Rottke & Scheer? „Die Politik“, ant- wortet Reinhold Scheer spontan. Stefanie Rossner eines Stücks zu nennen, dazu die Aufführungs-Termine und den Ein- trittspreis“, so Reinhold Scheer, heutiger Design-Professor an der FH Bielefeld und Lehrbeauftragter an zahlreichen weiteren Hochschulen. Die beiden Werber trennten sich von der üblichen bildzentrierten Kreation eines typischenTheaterplakates und stellten intelligente und provozierende Textbotschaften in den Vordergrund. Dreh und Angel- punkt der Motive waren Inhalte der jeweiligen Stücke – menschliche Tragödien, Emotionen und Beziehungen. Einfach, verständlich und für jeden Passanten nachvollziehbar auf den Punkt gebracht. „Auch ohne Vorverständnis“, erklärt Scheer. Gelegentlich warben die Plakate für die Sache selbst: „Für die Hälfte ist Brecht noch mal so schön“, oder „100%Theater jetzt für 50%“, war marktschreierisch mit roten Lettern auf poppigen Grund zu lesen. Das war seiner Zeit nun selbst den Schauspielern zu viel. Einer riss erbost die Plakate herunter. Machte seinem Ärger öffentlich im Foyer des Düsseldorfer Schauspielhauses Luft. Er hätte nur das Kleingedruckte lesen müssen: „Nicht mehr 40%, nein, 50% Ermäßigung erhalten Stu- denten und Schüler“. Subtiler Humor, der in einer ganz neuen Ziel- gruppe ankommen sollte. Angekommen ist! Nach und nach entstanden im Laufe der Jahre Kampagnen für mehr als 20 Kultureinrichtungen, darunter Häuser in Essen, Wuppertal, Stuttgart oder Recklinghausen. DieWerke wurden fünfzigfach ausgezeichnet, auch auf internationalem Parkett. Es folgten Ausstellungen in Tokyo, Paris, Barcelona, Mailand, New York, Köln, Düsseldorf, Echirolles, Taiwan und jüngst im Deut- schen Plakat Museum imMuseum Folkwang, Essen. Die Ausstellung „Theater als Produkt“ war vom 18. März bis 16. Mai 2016 im Deutschen Plakat- museum, Museum Folkwang, Essen, zu sehen. Ein Interview mit Helmut Rottke lesen Sie hier. 33 OOH!–Kreation & Kreativität Deutschland

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