OOH-Magazin Ausgabe 1 - 2017

Das vergangene Jahr ist als Jahr des Umbruchs in die noch nicht geschriebenen Geschichts- bücher eingegangen. 2017 dürfte also turbulent werden. Und das gilt für die Medienbranche mehr als für manch andere. Was wir aus den letzten Jahren jedoch gelernt haben: Es findet keine digitale Disruption statt. Es ist eine Evo- lution, die unsere Medienwelt zwar nachhaltig verändert, doch die Schritte sind viel kleiner als gedacht. Wir trippeln quasi in die Zukunft. Die TV-Vermarkter beriefen bereits vor Jahren Krisensitzungen ein. Sie mussten davon aus- gehen, dass die Digitalisierung der Fernseh- nutzung sinkende Umsätze mit sich bringt. Das Gegenteil ist der Fall: Sie können sich vor dem Geld der Werbungtreibenden kaum retten. Zeitungen waren bereits totgesagt. Doch die digitalen Experimente ihrer Handelskunden scheiterten. Ohne Anzeigen waren die Umsatz­ einbußen zu hoch, und so kehrten sie reumütig zurück. Zahlreiche Magazinverlage strotzen nur so vor Selbstbewusstsein und bringen mehr neue Titel an die Kioske als je zuvor. Search ist offenbar keine Antwort auf die digi- tale Werbung der Zukunft, dafür aber der größte und effektivste Vertriebsstaubsauger, der je vonMenschenhand erbaut wurde. Search ist kein Ersatz für die alten Werbemedien. Überhaupt haben wir 2016 hoffentlich gelernt, dass Medien nicht Ersatzteile sind, die man willkürlich gegeneinander austauschen kann. Die digitalen Medien selbst sind eine einzige Enttäuschung. Die Klickzahlen nähern sich der toxischen Null-Linie. Das vielgepriesene Engagement der sozialen Medien erweist sich als kaum messbar. Und das, was gemessen wird, erweist sich häufig als fehlerhaft. Der Ad Fraud erreicht Dimensionen, die ihn zur zweit- größten Quelle organisierten Verbrechens macht – nach dem Handel mit Drogen. Und Mobile, die kleinste, unerwünschteste, tragbare Werbung der Welt, kann wohl kaum der große Heilsbringer werden. Bliebe die Aussenwerbung. Sie ist die einzige Medienbranche, die von der Digitalisierung wirklich profitiert. Digital Out of Home erzeugt in nie dagewesener Werbeträgerqualität immer neue Touchpoints zu den Endverbrauchern. Doch wie wird sich der Markt entwickeln? Um die Gelder der Werbekunden wird es 2017 ein Hauen und Stechen geben. Die meistenMedien müssen sich bestenfalls auf Stagnation einrich- ten. Und ja, es wird auchVerlierer geben. Ob die Aussenwerbung weiter zu den Gewin- nern zählt? Das kann man sich an den Forde- rungen der Werbewirtschaft leicht ausrechnen. Der Markt will Reichweite: Ausgerechnet darin schwächeln alle Medien – außer der Aussen- werbung. Der Markt fordert Werbewirkung: Hier punktet Aussenwerbung mindestens so gut wie andere – sie muss es nur nachweisen. Der Markt will Programmatic: DOOH rüstet sich, sollte aber einen Zahn zulegen. Und sich Alleinstellung verschaffen als das erste Medium, das dabei Transparenz an den Tag legt. Last not least sucht der Markt nach der Customer Journey: Aussenwerbung ist Custo- mer Journey in Perfektion – nicht nur digital, sondern auch physisch. Eine durchaus vielversprechende Evolution also. Und es riecht förmlich nach Umsatzstei- gerung. Ich schätze, um die zehn Prozent. Aber bitte erst Hausaufgaben machen, dann feiern. Das große Hauen und Stechen Thomas Koch alias „Mr. Media“, Ex-CEO der Agentur tkmStarcom, Gründer von Plural Media Services, Herausgeber von CLAP, Mediapersönlichkeit 2008. Media­ berater tk-one; Autor („Die Zielgruppe sind auch nur Menschen“). 20 OOH!–Aspekte

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